Wintercamping mit Kindern? Unsere Eltern erklären uns für verrückt, als sie von unserer neuesten Abenteuer-Idee hören. „Skifahren kann man doch auch wo anders. Irgendwo wo es wärmer ist.“ Stimmt. Aber das kann ja jeder! Die Idee mit dem Wintercamping in der Schweiz haben wir schon länger. Und ja, wir geben es zu: Inspiriert dazu haben und vor allem die tollen Fotos auf anderen Blogs…Dieses Jahr im Februar also der Härtetest für Familie und Wohnmobil: Wir buchen vier Nächte Wintercamping in der Schweiz. Auf dem höchstgelegenen und damit auch kältesten Campingplatz Europas.

Campingplatz Morteratsch in der Schweiz

Im Sommer waren wir schon öfter hier oben. Vor allem wenn wir den heißesten Tagen des Jahres entfliehen wollten. Am höchstgelegenen Campingplatz Europas, Camping Morteratsch im Schweizer Engadin, weht immer eine kühle Brise vom Morteratsch-Gletscher herüber. Zusätzliche Abkühlung gibt es im nur wenige Grad warmen See, den auch im August nur die Hartgesottenen nur kurzzeitig betreten. Wir schätzen hier im Sommer vor allem die kühlen Nächte und die fantastische Lage. Denn hier kannst du dein Zelt, deinen Van oder dein Wohnmobil zwischen Bäumen und kleinen Bächen oder an einem der beiden Seen aufstellen. Mehr Natur geht auf einem Campingplatz fast nicht. Ein ganz besonderes Erlebnis soll hier das Campen im Winter sein. Zwischen meterhohen Schneehäufen und bei Nachttemperaturen von -20 Grad harren hier eingeschworene Wiederholungstäter, Abenteuerer und sogar Dauerzelter aus. Aber geht Wintercamping auch mit Kindern?

Warum sich Camping Morteratsch perfekt fürs Wintercamping eignet

Zunächst könnte man auf die Idee kommen, dass Wintercamping wo anders vielleicht leichter fällt. Immerhin wird es hier nachts sehr kalt. Wir hatten vorab auch Bedenken und haben uns geschworen sofort heim zu fahren, wenn es unangenehm wird. Wurde es aber nicht.

Der Blick vom Campingplatz über den verschneiten See in Richtung Morteratsch-Gletscher.

Optimale Infrastruktur fürs Wintercamping

Vor allem ist da die optimale Infrastruktur: Der Campingplatz hat großzügige, sehr saubere und gut beheizte Sanitäranlagen. Darin zwei Familienbäder mit abnehmbarem Duschkopf und extra niedriger Kindertoilette. Mit ins Gebäude integriert sind Waschtische zum Abspülen. Das war für uns perfekt. Denn während der eine Teil der Familie noch Zähne putzte konnte der andere bereits mit dem Abspülen beginnen und wir waren alle am selben Ort. Gleich nebenan ist übrigens der Spielplatz. Im Nebengebäude befinden sich die Rezeption, ein kleiner Laden der alles verkauft was man so braucht beim Camping und ein beheizter Aufenthaltsraum mit Küchenzeile. Hier halten sich im Winter vor allem die Zelter gerne auf. Aber auch wir haben hier ein Mal gekocht und gespielt. Netter Kontakt und Gespräche mit anderen Campern sind hier vor allem im Winter garantiert.

Die Lage, die Lage, die Lage

Wer das Schweizer Engadin kennt, dem muss ich nichts mehr erzählen. Für alle anderen: Es ist eine traumhaft schöne Gegend. Im Winter führt eine Langlaufloipe direkt über den Campingplatz. Weil wir gerne mit unseren Kindern Langlaufen, sind wir der Loipe bis St. Moritz gefolgt. Sie geht aber noch viel weiter. Nachdem wir uns bei Läderach mit der besten Schokolade der Gegend eingedeckt hatten, ging es mit dem Zug zurück nach Morteratsch. Übrigens ein weiterer Vorteil: Wer mindestens zwei Nächte auf dem Campingplatz verbringt fährt winters im gesamten Oberengadin kostenlos mit Bus und Bahn.

Zwei Langläufer auf dem zugefrorenen St. Moritz-See vor der Kulisse von St. Moritz.
Die Langlaufloipe führt quer über den zugefrorenen St. Moritz See

Mit dem Bus sind auch in wenigen Minuten zwei Top-Skigebiete erreichbar. Corviglia bei St. Moritz und die Diavolezza mit Lagalb Richtung Bernina-Pass. Wir haben das Skigebiet Diavolezza mit seiner längsten Gletscherabfahrt der Schweiz getestet und für super befunden. Wer nicht gerne am Lift ansteht sondern lieber möglichst lange Abfahrten bevorzugt, ist hier genau richtig. Die Diavolezza eignet sich auch supergut für eine Skitour.

Zwei Kinder in Skiausrüstung am Beginn der Gletscher-Ski-Abfahrt von der Diavolezza über den Morteratsch-Gletscher.
Das Tor zur längsten Gletscherabfahrt der Schweiz von der Diavolezza über den Morteratschgletscher bis zum Camping-Platz.

Unsere Erfahrungen beim Wintercamping

Um es auf den Punkt zu bringen: Wir wollen das unbedingt wieder machen! Nachdem wir zuerst sehr unsicher waren, ob es klappt, wissen wir nun dass es einfach nur total viel Spaß macht. Es ist etwas besonderes auch im Winter im Wohnmobil zu schlafen, viel draußen zu sein und auf Gas zu kochen.

So haben wir uns vorbereitet

Nachdem uns von der Campingplatzleitung nahegelgt wurde, einen Stellplatz vorab zu reservieren (scheinbar wird Wintercamping immer beliebter) haben wir das zähneknirschend getan. Das einzige Manko an unserem Urlaub, denn wir reservieren nicht gerne sondern sind lieber ganz spontan. Natürlich musste das Wohnmobil winterfest gemacht werden.

Wir haben die Gasheizung gecheckt, die Batterie aufgeladen und eine zweite mitgenommen. Außerdem Starterkabel, weil wir befürchtet hatten, dass das Wohnmobil nach ein paar Tagen in der Kälte nicht mehr anspringt. Der Wassertank blieb leer, dafür hatten wir zwei größere Kanister für Trinkwasser dabei. Die Toilette bekam einen guten Schuss Frostschutzmittel. Weil wir uns nicht auf nur ein Heizsystem verlassen wollten (was wenn das Gas nachts ausgeht?!?) hatten wir noch eine Elektroheizung mit eingepackt. Außerdem einen Wasserkocher für Wärmflaschen, viele Decken, Felle zum draufliegen und sehr warme Kleidung (Du merkst schon, ich will auf keinen Fall frieren).

Hand mit Wollhandschuh "Schladminger Fäustling" die eine Eiskugel hält.
Im Vorfeld besorgten wir für die Kinder noch „Schladminger“ Fäustlinge. Wir kennen keine Handschuhe die besser warm halten.

So ging es uns tagsüber

Wir hatten mit dem Wetter Glück. Jeden Tag strahlender Sonnenschein, wolkenloser Himmel, den weißesten Schnee den du dir vorstellen kannst und Temperaturen von um die 0 Grad. Auf dem Campingplatz wird es morgens schnell sonnig und entsprechend wärmer. Deswegen haben wir von der klirrenden Kälte die das Thermometer anzeigte kaum etwas gespürt. Viel mehr sind wir immer recht früh schon aufgebrochen um Spaß auf Brettern zu haben. Auch das kostenlose Zugfahren haben wir genossen und sind mit der Rhätischen Bahn durch faszinierende Schneelandschaften bis zur Alp Grüm und wieder zurück gefahren. Es war einfach Winter pur. Die vielen gespannten Schnüre im Wohnmobil zum Trocknen der Sachen brauchten wir kaum. Denn die Sachen wurden wegen der trockenen Kälte kaum nass.

Camping-Stuhl mit Fell neben Auto im Schnee. Im Hintergrund steckt eine Flasche Wein im Schnee zum kühlen.
Nicht wenige Camper wussten das Wintercamping in vollen Zügen zu genießen.

So ging es uns nachts

Auf dem Campingplatz Morteratsch wird es im Februar ab ca. 15 Uhr zunehmend schattig und damit auch wieder kälter. Wir haben die langen Abende im Wohnmobil und im warmen Aufenthaltsraum genossen. Gekocht, gespielt und gelesen. Manchmal waren die Kinder auch noch länger draußen beim Schneehöle bauen oder beim LVS-Gerät (Lawinen-Verschütteten-Such-Gerät) Verstecken und Suchen.

Weil am Campingplatz die Wege und Straßen recht vereist waren, und auch keine Laternen den Weg säumen, wurde unser allabendlicher Weg zu den Sanitäranlagen zum Abenteuer. Wer einen falschen Schritt tat, lag schnell auf dem Boden. Dafür hatten die Kinder nie zuvor einen solchen Sternenhimmel gesehen! Allein dafür hat sich das Abenteuer Wintercamping in der Schweiz gelohnt.

Wohnmobil mit Individualaufbau in Abendstimmung am verschneiten Campingplatz Morteratsch.

Nachts gingen die Temperaturen auf bis zu -20 Grad runter. Aber bei eingeschalteter Heizung schliefen die Kinder ganz entspannt nur mit ihren normalen Bettdecken. Etwas anders war es für die Eltern im Alkofen: Weil sich die Heizluft nur zögerlich dorthinbewegte, war es etwas kälter. Aber ausgestattet mit Fell, Wärmflasche, Bettdecke und Wolldecke darüber konnte auch die etwas ältere, dünnhäutige Dame mit den notorisch kalten Füßen (also ich) gut schlafen. Eines nachts war mir sogar richtig heiß und ich warf nicht nur die Wärmflasche aus dem Bett sondern auch meine Wolldecke. Der morgendliche Blick auf das Thermometer gab Aufschluss: Nur -11 Grad.